Machen Tiere immer glücklich und gesund?
Benutzen wir unsere Haustiere für unser Wohlbefinden?

Immer wieder wird die Relevanz der Haustiere für unsere psychische Stabilität betont. Selbstverständlich sind soziale Beziehungen in Krisensituationen und für Personen mit psychischen Erkrankungen essenziell (Umberson & Montez, 2010). Allerdings stellen die eigenen Belastungen oder Erkrankungen (physisch wie psychisch) auch eine Belastung für das soziale Umfeld dar und ein hohes Maß an Anpassungsvermögen ist erforderlich (Heumann, 2016).
Auch innerhalb des Forschungsgebietes der Mensch-Tier-Beziehung behandeln viele Studien die positiven Auswirkungen der Beziehung zu und Interaktion mit Tieren (z.B. Serpell, 1990). Stressreduktion, Stimmungsaufhellung, besserer Selbstwert und andere wichtige positive Effekte stehen im Vordergrund (Mubanga et al., 2017; Olbrich, 2009). Die Botschaft, die darauf aufbauend manchmal durch Medien vermittelt wird, geht bis zur vereinfachten Darstellung: „Tiere machen glücklich und gesund“.

 

Psychopathologische Aspekte wie beispielsweise eine Einschränkung in der Interaktionsfähigkeit oder der Aufgabenbewältigung seitens Betroffener mit psychischen Belastungen, rücken hierbei leider in den Hintergrund. Gerade in Bezug auf die Haltung von Tieren spielen diese Faktoren jedoch eine wesentliche Rolle, um der Verantwortung für schutzbedürftige Lebewesen (z.B. Haustiere) gerecht werden zu können (Horstmeyer & Vallbracht, 1990).
Ist es immer, in jeder Lebenssituation, gut ein Tier aufzunehmen?
Gibt es genug Unterstützung mich selbst und auch mein Tier aufzufangen, wenn es mir zu viel wird?

Aktuelle Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass die Beziehung und vor allem die Haltung von Tieren mit spezifischen Herausforderungen einhergehen, die auf keinen Fall vernachlässigt werden dürfen. Hierzu zählt beispielsweise eine signifikant stärker erlebte Belastung durch die umfangreichere Verantwortungsübernahme im Hinblick auf Stressoren (Herzog, 2011; Krouzecky, et al., 2019). Diese Ergebnisse werden auch durch neueste Erkenntnisse gestützt, welche darauf hinweisen, dass gerade in krisenhaften Zeiten wie beispielsweise der COVID-19-Pandemie, Haustierhalter*innen in Bezug auf unterschiedliche psychische Parameter wie Depression, soziale Isolation und Lebensqualität schlechtere Werte aufweisen als Nicht-Haustierhalter*innen. Diese zusätzliche Belastung zeigt sich vor allem bei Personen, welche an COVID erkrankt sind und seitdem an einem Postviralen Syndrom (= Long COVID Syndrom) leiden (Krouzecky, et al., 2021). Ein zusätzliches tierisches Familienmitglied bringt neben der Freude auch zusätzliche Belastungsfaktoren mit. Weiters bringt die einseitige Betrachtungsweise der Mensch-Tier-Beziehung als protektiver Faktor für das menschliche Wohlbefinden, die Gefahr mit sich, dass Tiere zum Nutzen des Menschen eingesetzt werden, ohne das Wohl der Tiere zu berücksichtigen.

Birgit Ursula Stetina & Christine Krouzecky
Abteilung für Mensch-Tier-Beziehungen
der Psychologischen Universitätsambulanz der Sigmund Freud Universität Wien

 


Literaturverzeichnis:

Herzog, H. (2011). The impact of pets on human health and psychological well-being: Fact, fiction, or hypothesis? Current Directions in Psychological Science, 20(4), 236–239.

Heumann, K., Janßen, L., Ruppelt, F., Mahlke, C., Sielaff, G., & Bock, T. (2016). Auswirkungen von Peer-Begleitung für Angehörige auf Belastung und Lebensqualität. Zeitschrift für Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie.

Horstmeyer, A., & Vallbracht, A. (1990). Tierhaltung aus tierschutzrechtlicher und ethischer Sicht. In Artgerechte Schweinehaltung—Ein Modell (S. 15–25). Birkhäuser: Basel.

Krouzecky, C., Emmett, L., Klaps, A., Aden, J., Bunina, A., & Stetina, B. U. (2019). And in the Middle of My Chaos There Was You?—Dog Companionship and Its Impact on the Assessment of Stressful Situations. International journal of environmental research and public health16(19), 3664.

Krouzecky, C., Klaps, A., Kovacovsky, Z., Aden, J., Bunina, A. & Stetina, B.U. (2021). My Companion Through the Pandemic – Human-Animal Relationship and Its Impact during COVID-19. Manuskript in Vorbereitung.

Mubanga, M., Byberg, L., Nowak, C., Egenvall, A., Magnusson, P.K., Ingelsson, E. & Fall, T. (2017). Dog ownership and the risk of cardiovascular disease and death – a nationwide cohort study. Scientific Reports, 7(1), 1–9.

Olbrich, E. (2009). Psychologie der Mensch-Tier-Beziehung. Zugriff am 07. Juni 2021. Verfügbar unter http://www.lunas-ranch.com/site/images/Bilder/Downloads/Psychologie%20Mensch-Tier%20Beziehung%20in%20der%20TGI.pdf.

Serpell, J. (1990). Evidence for long term effects of pet ownership on human health. In I. Burger (Ed.), Pets, Benefits and Practice (S. 1–7). London: BVA Publications.

Umberson, D., & Karas Montez, J. (2010). Social relationships and health: A flashpoint for health policy. Journal of health and social behavior51(1), 54–66.