Stellungnahme des Tierschutzvereins für Tirol 1881 zum Gesetzesentwurf mit dem das Landes-Polizeigesetz in Hinblick auf die Haltung von Hunden geändert werden soll
Eingangs möchten wir feststellen, dass der Tierschutzverein für Tirol 1881 ausdrücklich begrüßt, dass im vorliegenden Entwurf im Gegensatz zu anderen Bundesländern keine sogenannten „Listenhunde” enthalten sind und keine Differenzierung nach Hunderassen vorgenommen wird. Weiters begrüßen wir ausdrücklich die Einführung einer verpflichtenden Sachkunde als positiven Meilenstein.
Rechtlicher Rahmen
Jede Neuregelung in diesem Bereich findet sich in dem kaum befriedigend zu lösenden Spannungsverhältnis wieder, das sich daraus ergibt, dass das Tierschutzgesetz bundesgesetzlich, das Landes-Polizeigesetz hingegen landesgesetzlich geregelt wird.
§ 6 Abs 1 des Tiroler Landes-Polizeigesetzes sieht vor, dass Tiere so zu beaufsichtigen oder zu verwahren sind, dass durch sie Dritte nicht gefährdet oder über das zumutbare Maß hinaus belästigt werden. Zuständige Behörden sind die Gemeinden im eigenen Wirkungsbereich. In der Praxis sind viele Gemeinden mit der Aufgabe überfordert, wie wir aus unserer Tätigkeit wissen. Dies führt mitunter zu überschießenden Regelungen, wie wir sie leider auch im vorliegenden Entwurf mit einer sehr restriktiven Leinen- und Beißkorbpflicht erkennen.
Dies führt zu Problemen im Vollzug, weil die Gemeinden in der Regel nicht über die Mittel zur Überwachung dieser Pflichten verfügen, sowie zu Problemen mit der Akzeptanz der Regelung. Das größte Manko der sicherheitspolizeilichen Regelung besteht aber darin, dass diese nur im öffentlichen Raum gelten kann, während sich der Großteil der Beißunfälle aber im privaten Bereich und mit bekannten Hunden ereignet.
Es ist nicht Aufgabe des Landes-Polizeigesetzes Regeln zum Tierschutz aufzustellen, es sollte aber auch nicht in Widerspruch zum Tierschutzgesetz stehen. Nach dem Tierschutzgesetz sind Hunden ein mindestens einmal täglicher Auslauf entsprechend ihrem Bewegungsbedürfnis sowie soziale Kontakte zu anderen Hunden zu ermöglichen. Eine generelle Leinenpflicht im Ortsgebiet steht nach Auffassung des Tierschutzvereins dem Tierschutzgesetz entgegen. Dieser Ziel- und Normenkonflikt ist wohl unvermeidbar, es sollte jedoch aus unserer Sicht möglich sein, in Detailregelungen mehr Ausgewogenheit bzw Synergien zwischen sicherheitspolizeilichen Aspekten und Aspekten des Tierschutzes zu finden.
Gesellschaftspolitischer Rahmen
Gesellschaftspolitisch geht es vor allem darum, ein gutes und möglichst friktionsfreies Miteinander von Hundehaltern und Nichthundehaltern zu ermöglichen und für die Hunde eine insgesamt tiergerechte Haltung sicherzustellen. Dabei wird auch zu berücksichtigen sein, dass die Bedeutung der Heimtierhaltung und die Zahl der Heimtiere beständig zunehmen.
Aus Sicht des Tierschutzvereins sind eine generelle Leinenpflicht im Ortsgebiet und eine sehr weitgehende Beißkorbpflicht keine geeigneten Maßnahmen, um das Zusammenleben von Hundehaltern und Nichthundehaltern zu verbessern, weil diese eine umfassende Reglementierung bloß einer Seite mit sich bringen. Eine ablehnende Haltung oder Ängste von Nichthundehaltern werden möglicherweise verstärkt, weil ein Hund mit Leine und Beißkorb schon rein optisch bedrohlicher wirkt. Dies wird vielfach mehr polarisieren als nützen. Die ungeregelte Möglichkeit der Schaffung von abgezäunten Freilaufzonen – steht so nicht im Entwurf, jedoch führen die Erläuternden Bemerkungen einzig die abgezäunten Hundewiesen in Innsbruck als Beispiel an – führt, so sie denn überhaupt wahrgenommen werden würde und abgesehen von den völlig unzureichenden Flächen, zu einer Ghettoisierung der Hundehalter und ihrer Tiere.
Tierschutz ist eindeutig der bessere Ansatz und brächte mehr Akzeptanz bei den Hundehaltern, als sicherheitspolizeiliche Auflagen. Ein gut sozialisierter und beschäftigter (ausgelasteter Hund) mit guter Bindung zu Menschen stellt auch ohne Leine und Beißkorb das geringste Sicherheitsrisiko dar.
Zur Leinen- und Beißkorbpflicht
Eine generelle Leinenpflicht trägt nicht zu einem konfliktfreien Miteinander bei. Im Gegenteil, viele Hunde reagieren an der Leine deutlich aggressiver als ohne Leine. Darüber hinaus fordert das Tierschutzgesetz regelmäßigen Freilauf und ungehinderten Sozialkontakt mit anderen Hunden.
Eine umfassende Beißkorbpflicht kann zu Verhaltensstörungen führen, da Hunde Situationen, in denen sie einen Beißkorb tragen müssen, negativ verknüpfen können. Es kann dabei auch zu durch den Beißkorb verursachte negative Reaktionen auf Menschen kommen. Dazu kommen mögliche Probleme durch nicht gewohnte oder nicht passende Beißkörbe.
Der Tierschutzverein verkennt nicht, dass es Situationen und Orte gibt, wo Leinen- und Beißkorbpflicht sinnvoll und notwendig sind, wie etwa in öffentlichen Verkehrsmitteln oder bei Veranstaltungen, die Regelung des Entwurfs erscheint aber völlig überschießend.
Zur Neufassung des § 6a Abs 2 bzw den neu einzufügenden Absätzen 2a und 2b
Nach den Erläuternden Bemerkungen soll durch die Neufassung des Abs 2 eine generelle Leinenpflicht an öffentlichen Orten innerhalb geschlossener Ortschaften, ausgenommen ausgewiesene Freilauf – und Hundezonen geschaffen werden. Zusätzlich soll an öffentlichen Orten, an denen sich üblicherweise größere Menschenansammlungen bilden, eine generelle Maulkorbpflicht verordnet werden.
Der Begriff der geschlossenen Ortschaft orientiert sich dabei an den Begriffsbestimmungen in der Tiroler Bauordnung 2018 und dem Tiroler Naturschutzgesetz 2005, der Begriff des öffentlichen Ortes, an dem sich üblicherweise größere Menschenansammlungen bilden, wird durch eine demonstrative Aufzählung solcher Orte bestimmt. Eine Definition der ausgewiesenen Freilauf- und Hundezonen erfolgt nicht.
Darüber hinaus werden die Gemeinden ermächtigt, Leinen- oder Maulkorbpflicht auch außerhalb geschlossener Ortschaften zu verordnen, soweit dies aufgrund nicht näher definierter besonderer Verhältnisse erforderlich ist, um Gefährdungen sowie über ein zumutbares Maß hinausgehende Belästigungen zu vermeiden.
Im Ergebnis wird das unseres Erachtens bedeuten, dass in den meisten Gemeinden in Zukunft „von Ortstafel zu Ortstafel“ und gegebenenfalls auch darüber hinaus Leinenpflicht bestehe würde.
Eine Definition der Freilauf- und Hundezonen erfolgt im Entwurf nicht, in den Erläuternden Bemerkungen werden einzig die „Hundewiesen“ in der Stadt Innsbruck als solche angeführt.
In der derzeitigen Fassung widerspricht die Regelung aus unserer Sicht dem Tierschutzgesetz.
Zur Veranschaulichung dürfen wir anführen:
Die sieben Hundewiesen der Stadt Innsbruck haben nach den Angaben auf der Homepage Größen zwischen 600 und 2.000 m², insgesamt 9.200 m². In Innsbruck sind auskunftsgemäß über 5.000 Hunde gemeldet, die tatsächliche Zahl dürfte nach statistischen Erfahrungswerten 2 bis 2,5 Mal so hoch sein. Allein aus diesen Zahlen erschließt sich deutlich, dass diese Hundewiesen als Freilaufzonen nicht genügen können, um einen angemessenen Freilauf und damit eine tiergerechte Haltung zu ermöglichen. Konflikte wären dabei vorprogrammiert.
Der Tierschutzverein schlägt deshalb vor, im Gesetz Freilauf- und Hundezonen zu definieren und zwischen diesen klar zu unterscheiden. Eine abgezäunte Hundewiese entspricht dabei der Definition einer Hundezone. Freilaufzonen sind im Gegensatz dazu nicht eingezäunte Flächen, wo Hunde zwar frei laufen dürfen, aber immer in Rufweite des Halters sein und abrufbar sein müssen.
Bezüglich der Einteilung und Ausweisung der Zonen wäre es für die Gemeinden am einfachsten, wenn sie die Zonen mit Leinenpflicht (zB alle Flächen mit öffentlichem Verkehr, nicht zuletzt zum Schutz des Hundes vor Unfällen) oder Beißkorbpflicht (zB alle Menschenansammlungen und öffentliche Transportmittel) und die Hundezonen (Hundewiesen) ausweisen und kundmachen. Alle anderen Flächen der Gemeinde sollten automatisch Freilaufzonen sein und brauchen nicht extra ausgewiesen werden, was den administrativen Aufwand und Vollzug stark vereinfachen würde. Stark begangene Spazier- und Wanderwege können insbesondere, wenn sie mit Kinderwagen oder Fahrrädern befahren werden unter Flächen mit öffentlichem Verkehr eingeteilt und mit Leinenpflicht belegt werden. Hier wäre auch eine Kategorie „Führzone” (Hund ist angeleint oder geht verlässlich bei Fuß = virtuelle Leine) möglich.
Zur Neufassung des § 6a Abs 3
Nach Abs 3 des § 6a sind für die Beurteilung von „auffälligen” Hunden explizit Amtstierärzte autorisiert und zuständig. Mit „auffällig“ ist hier vermutlich verhaltensauffällig gemeint, deshalb sollte klarstellend auch dieser Begriff verwendet werden.
Daraus ergibt sich qualitativ, dass nur Amtstierärzte mit entsprechender Zusatzausbildung in den Bereichen Tierhaltung, Tierschutz und Verhaltensmedizin eine solche Beurteilung vornehmen und entsprechende Maßnahmen vorschlagen sollten bzw könnten diesbezügliche Gutachten auch durch entsprechend sachverständige Tierärzte erstellt werden . Der Ausdruck „Amtstierarzt” wäre also durch „(Amts)Tierarzt mit Zusatzausbildung Tierhaltung, Tierschutz und Verhaltensmedizin” zu ersetzen.
Zur Neufassung des § 6a Abs 9
Im neuen Abs 9 des § 6a wird ein Sachkundenachweis für Neueinsteiger anlässlich der erstmaligen Anmeldung eines Hundes vorgeschrieben. Die Ausbildung hat nach dem Entwurf unter Leitung eines tierschutzqualifizierten Hundetrainers zu stehen, Inhalt und Umfang sollen im Verordnungsweg geregelt werden.
Die Sachkunde sollte mittelfristig für alle Hundehalter verpflichtend sein. Ein Stufenmodell mit Berücksichtigung der Hundeerfahrung oder der Größe des Hundes oder Anreizsysteme (zB Senkung der Hundesteuer; Ausnahmen von Leinenpflicht) für freiwillige Sachkunde stellen Möglichkeiten dar, mit denen die Sachkunde von Hundehaltern möglichst flächendeckend erreicht werden könnte. Wenn sie nur für Neueinsteiger verpflichtend bleiben soll, dann sollte sie aber unbedingt vor Anschaffung des Hundes und nicht erst bei der Anmeldung nachgewiesen werden. Denn Sachkunde ist schon für die Anschaffung eines Hundes, etwa bei der Auswahl der Rasse oder der Meidung von Qualzuchten ein entscheidender Faktor, um spätere Probleme möglichst zu vermeiden.
Der Tierschutzverein begrüßt das Bemühen, diese Ausbildung qualitativ hochwertig zu gestalten. Allerdings ist die Beschränkung auf tierschutzqualifizierte Hundetrainer als Leiter der Ausbildung ohne gleichzeitige Festlegung von Inhalt und Umfang des Sachkundenachweises nicht nachvollziehbar. Da für Inhalt und Umfang eine Verordnungsermächtigung vorgesehen ist, schlägt der Tierschutzverein vor, auch die Qualifikation der Kursleiter und die Anforderungen an diese im Rahmen der Verordnung zu regeln.
Zu Inhalt und Umfang eines Sachkundenachweises verweisen wir einmal mehr quasi als “Goldstandard” auf das Hundezertifikat der Österreichischen Tierärztekammer. Die Inhalte decken sich weitgehend mit dem in Bayern seit Jahren bewährten Hundeführerschein und sind von der Fachstelle für tiergerechte Tierhaltung und Tierschutz zertifiziert. Hier steht ein fertiges und hochwertiges Angebot zur Verfügung, das ohne weiteren Aufwand an Entwicklungsarbeit und Kosten sofort eingesetzt werden kann.
Die Leitung der Kurse sollte daher nicht auf tierschutzqualifizierte Trainer, von denen es in Tirol derzeit nur 8 gibt, beschränkt werden. Tierärzte mit Zusatzausbildung für das ÖTK-Hundezertifikat sind ebenfalls bestens qualifiziert und auf dem höchsten Stand der Verhaltensmedizin und des Tierschutzes geschult.
Sinnvoll könnte auch eine Arbeitsteilung in der Form sein, dass für das ÖTK-Hundezertifikat besonders geschulte Tierärzte den theoretischen Teil der Sachkunde vermitteln (übrigens mit Abschlussprüfung für die Teilnehmer) und tierschutzqualifizierte Hundetrainer die praktische Ausbildung zur Ablegung der ebenfalls standardisierten Begleithundeprüfung mit Verkehrsteil übernehmen.
Zur Neufassung des § 6a Abs 8 und § 6b
Zum Abs 8 des § 6a und zu § 6b stellt sich die Frage, warum die Gemeinden im Sinne einer Verwaltungsvereinfachung nicht den Datenbestand der bundesweiten Heimtierdatenbank nutzen. Das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz hat dem Gemeindeverband schon mehrfach den Zugang zu den Daten angeboten.
Innsbruck, 31.07.2019
Tierschutzverein für Tirol 1881
Dr. Christoph Lauscher
Obmann
Finde ich voll blöd Maulkorb und leinen pflicht so ein Blödsinn bindet ihr mal für mehrere Stunden eine dicke Schnur um euer Maul mal schauen wie euch das gefällt leine ok in der City aber auf großen Wiesen und wo sich hunde sonst noch treffen können Nein ebenso wie kein Maulkorb man so ein Schwachsinn außerdem ist der Hund gut erzogen kann man ihn ohne Leine überall frei laufen lassen der Besitzer ist für die Erziehung seines Hundes verantwortlich Listenhunde sollte es gar nicht mehr geben.. wenn jemand die Erziehung alleine nicht schafft der Tierschutzverein hilft jedem Was hier vorgeschlagen wird vom Tierschutzverein finde ich top 1A aber leinen und Maulkorb Pflicht ist voll unnötig!!! Mehr Spielplätze willkommen 🐶
Leine für Hunde finde ich nicht gut
Sehr gut
Ich bin sehr wohl dafür
Und wie ist eure Stellungnahme zum § 7? Der besagt nämlich, dass offenbar jeder Polizeibeamte und jede Behörde Tiere töten darf, wenn sie Kosten verursachen. Siehe
§ 7/Absatz 6 und 7:
6) Zugunsten der Gemeinde verfallene Tiere sind Tiergärten, Tierheimen oder tierliebenden Personen zu übergeben oder, wenn dies nicht möglich ist, möglichst schmerzlos zu töten.
(7) Entwichene Tiere, die Menschen oder Sachen gefährden oder Menschen über das zumutbare Maß hinaus belästigen und die einzufangen wegen ihrer Gefährlichkeit oder der voraussichtlich entstehenden, im Verhältnis zum Wert des Tieres unangemessen hohen Kosten untunlich ist, können von der Behörde sofort getötet werden.
Wie ist das mit Tierschutz vereinbar? Österreich wird immer mehr ein Hundehasser-Land und wir näheren uns immer mehr den Ländern an, in denen es Tötungsstationen gibt …
Hallo Nicola,
in Tirol sind die Gemeinden und das Land Tirol sehr darauf bedacht, keine Tiere zu töten. Alle Behörden und Institutionen arbeiten eng mit uns zusammen und nehmen Kontakt mit uns auf, damit wir die Tiere unterbringen. Uns ist kein Fall bekannt, in dem ein entwichener Hund, der eine Gefahr für die Menschen darstellen könnte, an Ort und Stelle getötet wurde. In der Vergangenheit konnten wir solche Tiere immer durch Betäubung sicherstellen. In seltenen bestimmten Fällen kann es aufgrund der Gefahrenbeurteilung zu einer Ethikkommission kommen, die aus mehreren Fachleuten besteht.
Auch wir beim Tierschutzverein sind zum großen Teil Hundehalter und sind uns der Problematik im Umgang mit Hund im Alltag bewusst. Wir würden uns weitaus mehr hundefreundliche Gemeinden in Tirol und einen toleranten Umgang zwischen Hundehalter und Nicht-Hundehalter wünschen.
Freundliche Grüße, Team Tierschutzverein für Tirol